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JOCHEN ROBES ÜBER BILDUNG, LERNEN UND TRENDS
Aktualisiert: vor 1 Stunde 17 Minuten

Droht das Ende der Experten? ChatGPT und die Zukunft der Wissensarbeit

17. April 2024 - 18:02

Ich bin Stefan Holtel zum ersten Mal im März 2023 auf dem Knowledge Jam der Cogneon Akademie begegnet. Dort hielt er einen interessanten Vortrag über „Die Zukunft der Wissensarbeit mit ChatGPT – von Büroklammern zu Sprachmaschinen“. Von daher war es keine Frage, dass ich mir in diesen Tagen auch sein Buch zum Thema besorgt und jetzt gelesen habe. Stefan Holtel, das noch zur Einordnung, wird im Klappentext des Buches als „Kurator für digitalen Wandel“ bei Pricewaterhouse-Coopers mit über drei Jahrzehnten Erfahrung in der ITK-Branche vorgestellt.

Das Buch richtet sich explizit an Wissensarbeiter, „gerade dann, wenn Sie sich nicht als Experte für ChatGPT und KI verstehen“. Man sollte auch erwähnen, dass sich Stefan Holtel in diesem Buch nur mit ChatGPT auseinandersetzt, es also stellvertretend für KI und die unüberschaubare Zahl an KI-Tools nimmt. Und er weist im Vorwort auch auf seinen Hang zu „Einführungen, Metaphern und Analogien“ hin. Zu Recht.

Doch jetzt zum Buch selbst. „Droht das Ende der Experten? ChatGPT und die Zukunft der Wissensarbeit“ umfasst 224 Seiten und ist in vier Teile und 20 Unterkapitel gegliedert. Die wichtigsten Aussagen werden vom Autor am Ende eines jeden Kapitels noch einmal kurz zusammengefasst.

Zum Inhalt des Buches

Der erste Teil des Buches, „Wie ChatGPT die Wissensarbeit durchrüttelt“, beschreibt in fünf Kapiteln, wie die KI einzelne Berufsgruppen verändert. Autoren und Journalisten, Lehrende (und Lernende), Juristen, Ärzte und Kreative. Dafür greift Stefan Holtel auf typische Prozessbeschreibungen zurück und zeigt auf, wie ChatGPT die Arbeitsschritte der genannten Professionen verändert. ChatGPT wird hier mal als „ganzheitlicher Lernbegleiter“ (für Lernende), mal als „digitale Muse“ (für Kreative) vorgestellt.

Der zweite Teil, „Die Vorgeschichte zu ChatGPT“, will vermitteln, womit wir es bei ChatGPT eigentlich zu tun haben. Dafür nutzt der Autor verschiedene Wege:
– den Blick zurück in die Technikgeschichte: wir lesen zum Beispiel vom Benz Patent Motorwagen und der Entdeckung des Penicillins;
– starke Metaphern: ChatGPT wird unter anderem als „Schweizer Messer“, „Proto-Werkzeug“ und „General Problem Solver“ vorgestellt;
– bekannte Konzepte: ChatGPT wird als „disruptive Innovation“ und im Spannungsfeld von „Automation“ und „Augmentation“ verortet.

Die zentrale Botschaft dieses Kapitels: „Der Einsatz von ChatGPT in der Wissensarbeit führt nicht schnurstracks zu einem einfachen Werkzeug, dass Antworten liefert. Dessen vornehmliche Aufgabe besteht darin, Wissensarbeitern zu helfen, bessere Fragen zu stellen. Denn richtige Antworten bleiben wertlos, solange die Frage falsch ist.“ (S. 88)

Im dritten Teil des Buches, „Stochastische Papageien. Wie spricht ChatGPT?“, mit fünf Kapiteln geht Stefan Holtel auf die Zusammenhänge von Denken, Sprache und Wirklichkeit ein und versucht, ChatGPT hier zu positionieren. Er unternimmt dafür kurze Ausflüge in die Sprachtheorie, die Geschichte der Sprechmaschinen und die Funktionsweise von ChatGPT: „ChatGPT generiert Antworten basierend auf statistischen Formeln – nicht auf der Basis menschlichen Verstehens.“ (S. 126).

Dem Prompting bzw. Prompt Engineering werden nur einige Absätze gewidmet. Das ist wohl dem Charakter einer allgemeinen Einführung in ChatGPT geschuldet. Das letzte Kapitel dieses dritten Teils beschäftigt sich mit den Grenzen von ChatGPT.

Bis hierhin ist Stefan Holtel auf Experten und die Zukunft der Wissensarbeit nur am Rande eingegangen. Diese Stichworte stehen deshalb im Mittelpunkt des vierten Teils, „Denken auf Steroid. Wissensarbeit gestalten mit ChatGPT“. Das erste Unterkapitel ist der wachsenden Bedeutung von Wissensarbeit („Wissensgesellschaft“) gewidmet. Stefan Holtel weist darauf hin, dass erste Studien zum Einsatz von ChatGPT bereits einen bedeutenden Zuwachs an Produktivität diagnostizieren. Das lange Kapitel 17, „Werkzeuge für Wissensarbeit“, kommt nach verschiedenen Ausflügen (Schreibmaschine, Technikmythen) zur Feststellung, dass wir im „Zeitalter der kreativen Generalisten“ angekommen sind: „Wissensarbeiter sollten anfangen, sich mit diesem Profil zu positionieren. Denn Generalisten entwickeln eine breite Palette von Fähigkeiten und Interessen, analysieren Probleme und finden Lösungen. Dafür nutzen sie KI-Systeme, um ihr Spezialwissen zu erweitern und sich bei Bedarf durch intelligente Maschinen assistieren zu lassen.“ (S. 169)

Diesen Gedanken führt der Autor in den letzten Kapiteln weiter aus. Auf die Frage „Welche Fähigkeiten braucht das 21. Jahrhundert?“ antwortet er: zum einen die Fähigkeit, komplexe Probleme zu lösen, und zum anderen die Fähigkeit, klare und präzise Fragen oder Anweisungen zu formulieren (siehe Prompt Engineering). Oder, wie es so schön heißt: „Schreiben wird das neue Rechnen.“ (S. 176) Wissensarbeiter werden sich zukünftig nicht mehr auf die Rollen von Kreatoren, Kommunikatoren und Koordinatoren konzentrieren können, sondern müssen zu Kombinatoren werden: „Viele Tätigkeiten, die bisher exklusiv durch Kreatoren, Kommunikatoren und Koordinatoren erledigt wurden, werden nun von Maschinen erledigt.“ (S. 184) Und: „Die prototypische Rolle zukünftiger Wissensarbeit ist der Kombinator: Er ist Generalist und Problemexperte.“ (S. 186)

Das Buch schließt mit einigen kurzen Handreichungen und Listen, mit deren Hilfe die Leser:innen selbst die eigenen Tätigkeiten und Aufgaben als Wissensarbeiter analysieren können, um dann zu prüfen, wie der Einsatz von KI bzw. ChatGPT diese Tätigkeiten und Aufgaben verändert. Schließlich: „ChatGPT ist nicht das Ende der Wissensarbeit, sondern lediglich der nächste Evolutionsschritt, in dem menschliches Denken und Entscheiden immer mehr mit Technologien verwoben wird.“ (S. 195)

Was mir aufgefallen ist
  • Das Buch ist sehr unterhaltsam geschrieben. Stefan Holtel versucht, mit vielen Beispielen und Geschichten, Metaphern und Analogien, in das Thema „ChatGPT“ einzuführen. Das Buch wirkt im positiven Sinne feuilletonistisch, nicht akademisch. Niemand wird durch tiefschürfende Erläuterungen zum informationstechnischen Gerüst von ChatGPT überfordert. Auf der anderen Seite wirken viele Stories, Bilder und Verbindungen etwas zufällig und anekdotisch. Und manchmal wechseln die ChatGPT-Metaphern doch arg schnell.
  • Im Vordergrund stehen der individuelle Einsatz von ChatGPT, unsere persönlichen Nutzungserfahrungen sowie die einzelnen Tätigkeitsprofile von Wissensarbeitern. Die gesellschaftlichen, ökonomischen, politischen wie sozialen Auswirkungen des Einsatzes von KI bzw. ChatGPT sind kein Thema. Das ist mit Blick auf den Umfang des Buches nachvollziehbar. Aber in einem (einführenden oder abschließenden) Kapitel hätte man diese Schwerpunktsetzung vielleicht noch einmal explizit ansprechen können.
  • Die Auseinandersetzung mit dem Wesen der Wissensarbeit erfolgt nicht systematisch. Wir erfahren zum Beispiel, dass sich jede Wissensarbeit als eine Mischung von 3K’s (Kreator, Kommunikator, Koordinator) beschreiben lässt (S. 180). Woher stammt diese Typologie? Die entsprechende Textreferenz „469“ führt im Quellenverzeichnis zu einem Weblink mit der Domain „blog.dropbox.com“. Das ist wenig hilfreich. Überhaupt wird auf die Diskussionen um Wissensarbeit oder Wissensmanagement nicht eingegangen. Auch die Frage, wie und ob sich die Diskussionen um Future Skills und KI treffen, bildet eine Leerstelle. Kurz: In diesem Punkt wurden meine Erwartungen nicht ganz erfüllt.
  • Überhaupt ist die Auszeichnung der Quellen im Buch gewöhnungsbedürftig. Auf die Nennung von Autoren und Titel wird meist verzichtet. Stattdessen oft einfache Weblinks. Das Quellenverzeichnis ist daher als Rechercheauftrag an den interessierten Leser zu verstehen.
  • Ich glaube mich zu erinnern, dass uns Stefan Holtel im März im Rahmen seines Vortrags erzählte, wie er ChatGPT im Rahmen seiner Tätigkeit als Berater nutzt. Ich könnte mir vorstellen, dass ein solcher Abschnitt dem Buch gutgetan hätte: eine Profession aus dem ersten Teil des Buches exemplarisch zu vertiefen, sie als Wissensarbeit genauer zu analysieren und den Einsatz von ChatGPT und das Prompten für einzelne Arbeitsschritte dieser Profession durchzuspielen.

Abschließend: Wer eine Einführung in das Thema ChatGPT sucht, wer ChatGPT im Alltag nutzt, aber die Diskussionen um KI und Sprachmodelle, ihre Entwicklung und ihre Möglichkeiten, nur am Rande verfolgt, wer mehr über ChatGPT als Teil unserer Technikgeschichte erfahren will, wird das Buch von Stefan Holtel mit Gewinn lesen.

Stefan Holtel (2024): Droht das Ende der Experten? ChatGPT und die Zukunft der Wissensarbeit. Verlag Franz Vahlen: München

Kategorien: Lehren und Lernen

How to activate your virtual session participants?

14. April 2024 - 1:23

Hier die Aufgabenstellung: „You are in an online meeting or virtual conference, the moderater asks a question… and no one answers – awkward silence … the moderator continues speaking (frustrated). The result: All think „virtual calls don’t work“ or „people do not (want to) interact. In cross-cultural sessions, inviting people to contribute seems even harder.“

Harald Schirmer (Continental) hat also in seinen Erfahrungen gekramt und eine Reihe von nützlichen Tipps zusammengestellt, von „1. Dial in a bit earlier – the first ones joining are often the curious ones, where it is easier to start talking to“ bis „20. When sending people to break out sessions – ensure you have something great, when they come back (providing a summary is not)“. Das sind wichtige Punkte, für Moderator:innen wie für Teilnehmer:innen.
Harald Schirmer, Blog, 13. April 2024

Kategorien: Lehren und Lernen

CLMOOC24 und das CLC24 Frühjahr sind beendet – Nachdenken und weiteres Vorgehen

13. April 2024 - 16:58

Am Corporate Learning Camp in Hamburg haben im März knapp 200 Personen teilgenommen, beim Corporate Learning MOOC im Februar/ März waren es 447 Anmeldungen. Das sind beeindruckende Zahlen, aber es sind doch weniger Teilnehmende als in den letzten Jahren. Karlheinz Pape fragt deshalb:

„- Ist das gemeinsame Lernen nicht mehr wichtig?
– Sind die Event-Formate uninteressant?
– Braucht es vielleicht uns, die Corporate Learning Community, gar nicht mehr, weil es genügend andere Angebote gibt?
– Sprechen wir mit “Learning Professionals” die falsche Zielgruppe an?
– Treiben wir die falschen Themen an?
…?“

Es ist natürlich schwierig, wenn nicht unmöglich, auf diese Fragen valide Antworten zu bekommen. Vielleicht müssen die fallenden Zahlen von Teilnehmenden überhaupt nicht kritisch gesehen werden, so lange eine bestimmte, größere Anzahl sich aktiv beteiligen. Andererseits macht es gerade bei den begrenzten Ressourcen einer Community natürlich Sinn, die eigenen Aktivitäten immer wieder auf den Prüfstand zu stellen.

Wer sich übrigens für die Themen interessiert, die auf dem Corporate Learning Camp (#CLC24) diskutiert wurden, findet hier eine Reihe von Originaltönen: „ENC293 – Corporate Learning Camp 2024 – Session Reflexionen“ (Education NewsCast, 8. April 2024)
Karlheinz Pape, Corporate Learning Community/ Blog, 13. April 2024

Kategorien: Lehren und Lernen

Digitaler Bildungsraum für alle Altersklassen: Was die neue Vernetzungsinfrastruktur leisten soll

12. April 2024 - 19:12

Der Beitrag versucht, ein bisschen von dem aufzuholen, was die Öffentlichkeitsarbeit der Projektträger bisher versäumt hat. Er gibt einen guten Überblick über die Ziele, die Stationen, den Aufbau und den Stand des Projekts. Das Intro zeichnet die Geschichte der Nationalen Bildungsplattform (bzw. der technischen Vernetzungsinfrastruktur bzw. von „Mein Bildungsraum“) seit 2021 nach. Ein zweites Kapitel ist den 40 laufenden Forschungs- und Entwicklungsprojekten gewidmet, die im Rahmen des Vorhabens gefördert werden. Ein weiteres Kapitel geht auf die Kritik an der Nationalen Bildungsplattform ein, vor allem die Vorstellung, eine „neutrale“ technische Vernetzungsinfrastruktur entwickeln zu können. Dann kommt das Projekt „Bildungsraum Digital (BIRD)“ unter Leitung der Universität Potsdam zu seinem Recht, bildet es doch das „technische Rückgrat für den digitalen Bildungsraum“. Der Artikel schließt mit einem Hinweis auf den aktuell laufenden Beta-Test von „Mein Bildungsraum“.

Kurz: Es ist ein gut lesbarer Überblick über das Projekt und die Projektgeschichte, der gleichzeitig sehr pfleglich mit der Idee und den Zielen einer „technischen Vernetzungsinfrastruktur“ umgeht. Aber bald kann sich jede/r selbst ein Bild machen. Denn: „Im Laufe des Jahres 2024 soll der Kreis der Tester:innen immer weiter erweitert werden.“
Anja Reiter, Plan B, Forum Bildung Digitalisierung e. V., 9. April 2024

Kategorien: Lehren und Lernen

New Learning geht mit Lernkultur besser

11. April 2024 - 22:00

Eine interessante Studie, die im Kern folgende Frage beantworten will: Wie beeinflusst die Lernkultur eines Unternehmens das Wahrnehmen von Lerngelegenheiten? Um zu dieser Frage zu gelangen, muss man sich als Leser:in mit verschiedenen Konzepten auseinandersetzen:
– „New Learning“ (das die Autoren sehr offen als „eine Kombination von drei verschiedenen Lernformen: formalem, informellem und selbstreguliertem Lernen“ beschreiben);
– das „Wahrnehmungspotenzial für Lerngelegenheiten“ (oder: „Learning Opportunities Perception Potential“, LOPP);
– die Lernkultur eines Unternehmens.

Die Autoren wollten nun wissen, ob der LOPP wirklich mit der Wahrnehmung von Lerngelegenheiten zusammenhängt und ob bzw. wie die Lernkultur eines Unternehmens diesen Zusammenhang beeinflusst. Dafür wurden 129 Personen mehrmals befragt. Die Ergebnisse: „… bei stark ausgeprägter Lernkultur [werden] stets viele Lerngelegenheiten wahrgenommen, und zwar unabhängig davon, ob die Person ein niedriges oder ein hohes LOPP mitbringt. … Bei gering ausgeprägter Lernkultur haben allerdings Personen mit einem hohen LOPP einen Vorteil gegenüber Personen mit einem niedrigeren LOPP, da sie signifikant mehr Lerngelegenheiten wahrnehmen können. Lernkultur hat somit einen kompensatorischen Effekt auf den Zusammenhang zwischen LOPP und wahrgenommenen Lerngelegenheiten.“ (S. 34)

Daraus leiten die Autoren schließlich zwei Empfehlungen ab: „1. Schafft eine positive Lernkultur!“ und „2. Schafft individualisierte Lernangebote!“

Die Studie ist nicht nur thematisch interessant. Sie ist in meinen Augen auch typisch für viele empirische Versuchsanordnungen im Hochschulumfeld: sehr komplex, sehr individuell, sehr pragmatisch. Dazu gehören auch viele Unschärfen und Lücken in der Darstellung, die entweder dem knappen Raum des Artikels oder der Versuchsanordnung selbst geschuldet sind.
Timo Kortsch, Julian Decius und Hilko Paulsen, Wirtschaftspsychologie aktuell, 4/ 2023, Dezember 2023 (via ResearchGate)

Kategorien: Lehren und Lernen

Wikimedia: „Digitalpolitik muss das Gemeinwohl fördern“

10. April 2024 - 18:49

„Digitales Wissen gerechter gestalten“ heißt es im Vorspann dieses Interviews mit Christian Humborg über die Rolle von Wikipedia und die Aufgaben der Wikimedia Deutschland. Leider werden die Themen nur kurz angerissen, denn ich würde zum Beispiel gerne mehr darüber wissen, wie sich die Wikimedia gerade mit den aktuellen Entwicklungen der KI auseinandersetzt. Aber hier noch ein Abschnitt aus dem Interview, den ich mir markiert habe:

Das Internet galt anfangs als demokratiefördernd. Heute wissen wir: Es gab Geburts­fehler, die falsch eingeschätzt wurden. Was können wir in Bezug auf aktuelle Entwicklungen davon lernen?

Ich würde nach wie vor die These vertreten, dass das Internet demokratie­fördernd sein kann. Aktuell sind wir in einer Situation, in der Emotionen und Empörung im Netz zu Interaktion führen und diese wiederum zu Werbe­einnahmen. Das ist die Logik von Unternehmen, natürlich auch von Big Tech. Das ist grund­sätzlich nicht verwerflich. Aber dadurch, dass Emotionen zur Währung wurden, ergibt sich die heutige Markt­dynamik. Wir sollten uns überlegen, ob wir dieses System wollen oder eher eines, in dem der gepflegtere Diskurs anstelle der Schreierei belohnt wird. Das gilt auch für Entwicklungen bezüglich KI.“
Elisabeth Krainer, AufRuhr, 21. März 2024

Bildquelle: Oberon Copeland @veryinformed.com (Unsplash)

Kategorien: Lehren und Lernen

Überrumpelt. ChatGPT an Hochschulen

9. April 2024 - 9:59

Auch wenn man nicht Teil des Ökosystems „Hochschule“ ist, kann man diesen Artikel mit Gewinn lesen. Denn Christian Füller, der Autor, spart wie immer nicht an schönen Sprachbildern und Zuspitzungen. Der Titel deutet an, wo es langgeht: Da gibt es seit dem November 2022 ChatGPT und jede/r nutzt es, jede/r sieht oder ahnt, dass es die bestehende Lern- und Prüfungskultur an Hochschulen umkrempelt, aber in den Ministerien, Gremien und Hochschulen bewegt man sich nur zögerlich.

Der Beitrag versammelt Meinungen und Zitate, zitiert aus Stellungnahmen und zählt einige Projekte auf, in denen das Thema aufgenommen wird. Im Kern geht es aber um fehlende Regelungen und klare Empfehlungen, die den Beteiligten Orientierung und Richtung aufzeigen. Sie stehen wahlweise für ein „Verschlafen“ oder „Aussitzen“: „Das Problem der Hochschulen scheint zu sein, dass sie den sogenannten iPhone-Moment, den ChatGPT für die Erkenntnis-Produktion bedeutet, noch nicht als solchen realisiert haben.“ (S. 28) Oder, auch schön: „Künstliche Intelligenz trifft auf Humboldt’sche Universität“.
Christian Füller, DSW Journal (Das Magazin des Deutschen Studierendenwerks), 1/ 2024, S. 24-29 (pdf)

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Toolification – Die Ambivalenz digitaler Applikationen

8. April 2024 - 10:39

Ich habe am Wochenende einmal durch die aktuelle Ausgabe des fnma-Magazins geblättert. Es geht um „Toolification“, also den Tooleinsatz in der Lehre, und die wichtigsten Stationen der Tool-Debatte bzw. -Geschichte hat Tanja Jadin bereits im Editorial versammelt: „Tools, Tools, Tools oder „und täglich grüßt das Murmeltier …“; „Was kommt zuerst – die Technik oder die Didaktik? …“; „Erinnern wir uns zurück, als die Ära von Web 2.0/Social Software angebrochen ist …“; „die gute alte Mediumdebatte …“; „wie der digitale Medieneinsatz lernförderlich sein kann …“.

Mit diesem Rüstzeug ist man auf die Fallbeispiele und Berichte des Magazins gut vorbereitet. Stichworte sind unter anderem die Hamburg Open Online University (HOOU), Peer Feedback in Moodle, Digital Literacy in der Lehrer:innenbildung, OERhub, Death by PowerPoint und natürlich KI-Tools. Kurz: eine bunte Zusammenstellung.
fnma Magazin, 01/ 2024, 22. März 2024

Kategorien: Lehren und Lernen

KI oder Kreide im Hörsaal – so digital sind Deutschlands Hochschulen

5. April 2024 - 8:17

Der Bitkom, also der Branchenverband der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche, hat rund 500 Studierende online zur Digitalisierung an Hochschulen befragt. Auf der einen Seite, heißt es, hat Corona den Hochschulen einen Digitalisierungsschub verliehen, auf der anderen Seite steht mit der Künstlicher Intelligenz die nächste Herausforderung. Digitalisierung und KI bestimmen auch den Rahmen der Fragen. Die Ergebnisse sind mit folgenden Kapitelmarken überschrieben:

„- Großteil der Studierenden nutzt KI – aber nur rund ein Drittel hat Regeln …
– 7 von 10 wünschen sich mehr Digitalisierung und Nutzung digitaler Technologien …
– Präsenz plus online: Hybride Lehrveranstaltungen sind der Favorit …
– Viele Services online – viele Prüfungen weiter analog …
– Lehrpersonal ist aufgeschlossen – braucht aber teilweise zusätzliches Knowhow …“

Das deckt sich weitgehend mit meinen Erfahrungen an der Hochschule Darmstadt. Gerade in administrativen Bereichen könnte die Digitalisierung noch vieles vereinfachen und verschlanken (Stichwort „Effizienz“). Meist sind es veraltete Verwaltungsrichtlinien und Prüfungsordnungen, die nur mit großem Zeitverzug angepasst werden. Beim Stichwort „hybride Lehrveranstaltungen“ muss ich etwas schmunzeln. Ich habe da Studierende vor Augen, die gerne spontan entscheiden möchten, wie und wo sie an Veranstaltungen teilnehmen. Flexibilisierung schlägt dann Didaktik …
Merle Wiez, Leah Schrimpf und Nora Rohr, Bitkom/ Presseinformation, 21. März 2024

Bildquelle: Bitkom

Kategorien: Lehren und Lernen

Warten auf den nächsten Quantensprung

5. April 2024 - 8:04

Niels Pinkwart, Direktor des Educational Technology Lab am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), darf hier noch einmal einige Fragen zur Künstlichen Intelligenz im Allgemeinen und zur KI im Bildungsbereich im Besonderen beantworten. Die Zukunft sieht er, und damit steht er nicht allein, vor allem in KI-gestützten adaptiven tutoriellen Lernsystemen, die Lernenden individualisierte Lernwege und Lernangebote bereitstellen. Und der nächste Quantensprung?

Niels Pinkwart: „Ich glaube, irgendwann werden individuelle KI-basierte Lernbegleiter Normalität sein – ob in Form einer App auf dem Handy, eines Augmented Reality Schulbuchs oder sogar von Robotern. Die Interaktion mit unseren Bildungsmedien wird insgesamt vielfältiger werden. Das didaktische Setting, bei dem eine Lehrperson einer Lerngruppe vor Ort denselben Inhalt vermittelt, wird künftig noch mehr als bereits heute nur eine von vielen Möglichkeiten sein. Es wird auf jeden Fall spannend zu sehen, welche Aufgaben im Lernprozess wir an Technologie outsourcen werden, und welche wir bewusst den Menschen und ihrem sozialen Miteinander vorbehalten.“
Vincent Hochhausen, Gespräch mit Niels Pinkwart, bildungsklick, 2. April 2024

Bildquelle: Gerd Altmann (pixabay)

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#clc10 Neustart geglückt!

4. April 2024 - 21:09

Die Berliner Sektion der Corporate Learning Community hatte im März nach längerer Pause wieder eingeladen, und 50 Teilgebende waren dem Ruf gefolgt. Das Thema des Abends lautete „KI für das lebenslange Lernen!?!“ An fünf Tischen wurden im World Cafè-Format die folgenden Fragen diskutiert:

„1. Welche KI-bezogenen Fähigkeiten sind am Arbeitsplatz von morgen unverzichtbar, und wie können Unternehmen deren Entwicklung fördern?
2. Welchen Einfluss hat KI auf die Entwicklung und Schulung von Führungskräften in Unternehmen?
3. Welche Gründe gibt es, auf den Einsatz von KI im Corporate Learning zu verzichten?
4. Wie kann KI bei der Analyse des Lernverhaltens unterstützen und so die Bereitstellung personalisierter Lernpfade ermöglichen?
5. Wie müssen sich Lern- und Entwicklungsstrategien in Unternehmen anpassen, um den durch KI beschleunigten Veränderungen gerecht zu werden?“

Alle weiteren Details finden sich in der Zusammenfassung von Johannes Starke.
Johannes Starke, Corporate Learning Community/ Blog, 2. April 2024

Bildquelle: Johannes Starke/ CLC

Kategorien: Lehren und Lernen

E-Learning im Aufschwung

4. April 2024 - 8:39

Der Titel täuscht etwas, denn das Sonderheft des DIGITAL PUBLISHING REPORTs nimmt den „Mega-Trend E-Learning“ nur als Klammer. Die 16 Beiträge haben natürlich einen KI-Schwerpunkt. Aber gerade die einleitenden Artikel nehmen – mit unterschiedlichen Schwerpunkten –  breite Entwicklungen in Corporate Learning auf. So stellt Werner Sauter die Learning Experience Plattform als „eine KI-gesteuerte Lern- und Arbeitsumgebung“ vor, „die konsequent aus dem Blickwinkel der Lernenden gestaltet wird und personalisierte, selbstorganisierte Lernerlebnisse ermöglicht“. Und Daniel Stoller-Schai zeigt auf, wie man sich in sechs Schritten („Learning Loop“) der Entwicklung einer nachhaltigen Lernkultur nähert.

Aus: Werner Sauter: „Future Learning“, dpr E-Learning 2024, S. 14

Stichworte der weiteren Beiträge dieses Sonderhefts: Kurzvideos, Gamification & Serious Games, Metaverse & VR, digitales Storytelling und immer wieder KI. Und auch die LEARNTEC im Juni hinterlässt im Heft kräftige Spuren.
DIGITAL PUBLISHING REPORT, April 2024

Kategorien: Lehren und Lernen

Lernen in Unternehmen. Formal, informell, selbstreguliert

3. April 2024 - 13:56

Ich habe die Ostertage genutzt, um wieder einmal ein Fachbuch ganz zu lesen. Meine Wahl fiel auf „Lernen in Unternehmen“, das gerade im Hogrefe Verlag erschienen ist und über das ich auf LinkedIn in den letzten Tagen immer wieder gestolpert bin. Die Autoren sind mir nicht ganz unbekannt, da sie in letzter Zeit immer wieder über aktuelle Themen der betrieblichen Bildung publiziert haben. Timo Kortsch ist Professor für Wirtschaftspsychologie an der IU Internationale Hochschule, Julian Decius leitet das Arbeitsgebiet Organisationspsychologie im Fachbereich Wirtschaftswissenschaft an der Universität Bremen und Hilko Paulsen ist Leiter der Personal- und Organisationsentwicklung bei der Region Hannover (so der Klappentext).

Das Buch „Lernen in Unternehmen“ will einen kompletten Überblick über das arbeitsbezogene Lernen bieten, was ihm aus meiner Sicht auch gelingt. Es ist fokussiert und komprimiert (172 Seiten), sehr anschaulich, mit vielen Schaubildern und Aufstellungen, geschrieben. Die Autoren bilden im Rückgriff auf Metaanalysen und internationale Fachliteratur einen wissenschaftlichen Diskussionsstand ab, ohne sich in Details zu verlieren. Das Buch können so auch Praktiker mit Gewinn lesen, die sich kurz über einen Prozessschritt oder eine Methode in der Weiterbildung informieren wollen.

Zum Inhalt des Buches

„Lernen in Unternehmen“ ist sechs Kapitel gegliedert. Im ersten Kapitel („Lernen in Unternehmen“) wird das Feld abgesteckt: Was versteht man unter „Lernen in Unternehmen“ bzw. „arbeitsbezogenem Lernen“? Wie steht es um die Weiterbildung in Deutschland? Welchen Nutzen verspricht man sich vom arbeitsbezogenen Lernen?

Im zweiten Kapitel („Arbeitsbezogenes Lernen in Unternehmen – Modelle und Befunde“) legen die Autoren ihren Referenzrahmen bzw. ihren Blick auf das Lernen dar, in dem sie Antworten auf drei Fragen geben: Wozu wird in Unternehmen gelernt? Wie wird in Unternehmen gelernt? Wie lässt sich das Lernen in Unternehmen fördern? Die erste Frage beantworten sie mit einem Verweis auf Kompetenzen bzw. Kompetenzmanagement schnell und kurz. Bei der Antwort auf die zweite Frage – Wie wird in Unternehmen gelernt? – nehmen sie sich Zeit. Denn sie bildet den zentralen methodologischen Ordnungsrahmen ihres Buches.

Die Autoren unterscheiden zwischen formalem Lernen, informellem Lernen und selbstreguliertem Lernen. Über das „formale Lernen“ heißt es: „Formales Lernen ist eine Lernform mit hoher Strukturierung in Bezug auf den Lernkontext, die Lernunterstützung, die Lernzeit und die Lernziele.“ (S. 16) So weit, so gut. Interessanter wird die nächste Abgrenzung: „Informelles Lernen ist ein bewusster, von der lernenden Person gesteuerter Prozess, der eine Arbeitshandlung oder eine Problemlösung zum Ziel hat – im Gegensatz zum formalen und selbstregulierten Lernen, bei dem das Lernen das Ziel ist.“ (S. 17) Das klingt erst einmal plausibel. Und einige Seiten später wird weiter  konkretisiert: „Im Unterschied zum formalen Lernen übernimmt die lernende Person – nicht die Lehrperson – im selbstregulierten Lernprozess die primäre Verantwortung für die Zielsetzung, die Umsetzung geeigneter Lernstrategien und die Bewertung der Lernergebnisse.“ (S. 35)

Soweit die wichtigen Abgrenzungen. Die Autoren unterfüttern vor allem das informelle Lernen noch mit weiteren Stichworten (z.B. 70-20-10-Formel, Oktagon-Modell), um anschließend sieben Lerndimensionen an die Hand zu geben, mit deren Hilfe sich Lernformen unterscheiden und einordnen lassen. Verschiedene Praxisbeispiele sollen im Anschluss verdeutlichen, wann und wo uns diese Lernformen im Arbeitsalltag begegnen – in Reinform oder als Hybride.

Die Antwort auf die dritte Frage („Wie lässt sich das Lernen in Unternehmen fördern?“) führt die Autoren zu Fragen der lernförderlichen Arbeitsgestaltung, aber vor allem zu lesenswerten Ausführungen zur Lernkultur bzw. zum Lernklima einer Organisation. Das beinhaltet auch Hinweise auf konkrete Instrumente, um die Lernkultur einer Organisation zu erheben.

Das (kurze) dritte Kapitel „Der Personalentwicklungszyklus – bei formalem, informellem und selbstreguliertem Lernen“ führt die Prozessschritte „Bedarfsanalyse“, „Planung“, „Durchführung“ und „Evaluation“ ein. Im vierten Kapitel („Vorgehen und Methoden“) werden diese Prozessschritte weiter  ausgeführt. Erwähnenswert ist hier vor allem das Kapitel 4.3 („Methoden zur Förderung des Lernens“), in dem acht Methoden ausführlicher und weitere Methoden im Überblick vorgestellt werden: „In diesem Kapitel werden einige relevante Methoden detaillierter beschrieben, die die Bandbreite von Lern- und Arbeitsmethoden widerspiegeln – von eher klassischen Methoden wie Simulationen bis zu modernen Methoden wie Mobile Learning, von weniger aufwendigen wie After Action Review bis zu komplexen Großgruppenmethoden wie Barcamps …“ (S. 75)

Gerade um sich einen Überblick zu verschaffen, sind diese Seiten sehr informativ und nützlich. Allerdings konnte ich keinen „roten Faden“ entdecken: Was unter einer „Methode“ verstanden wird, wird nicht näher erläutert; kleine Methoden stehen neben großen Methoden. Und erst in der abschließenden tabellarischen Übersicht wird zwischen „klassischen“ sowie „agilen und digitalen Lern- und Arbeitsmethoden“ unterschieden. Um nicht missverstanden zu werden: Die Auflistung ist umfassend und nachvollziehbar und es war vor allem meine Neugier, die hier nach Struktur gesucht hat.

Das fünfte Kapitel des Buches versammelt neun Fallbeispiele aus der Unternehmenspraxis – von „5.1 TechUcation bei der Otto Group“ bis „5.8 Organisationale Transformation mit Lernbegleitung und Barcamps bei DATEV“. Jedes Fallbeispiel wird ausführlich vorgestellt, zum Teil mit Schaubildern oder Screenshots illustriert und abschließend in dem methodischen Rahmen des Buches zwischen formal, informell und selbstreguliert verortet.

Im abschließenden sechsten Kapitel („Fazit und Ausblick“) fassen die Autoren die Fallbeispiele zusammen und zeigen an sieben Punkten auf, „in welche Richtung sich das arbeitsbezogene Lernen in Unternehmen zukünftig entwickelt“ (S. 155). So lesen wir, dass das Lernen „partizipativer“, „differenzierter“, „individueller“, „offener“ und „experimenteller“ wird. Das Nebeneinander von formalem, informellem und selbstreguliertem Lernen, so die Autoren, bleibt bestehen.

Was mir aufgefallen ist
  • Die Unterscheidung in formales, informelles und selbstreguliertes Lernen ist pragmatisch und überzeugend. Natürlich lässt sich auch darüber im Sinne von „Was ist eigentlich, wenn …?“ lange und trefflich diskutieren. Gerade bei der Einordnung der Fallbeispiele weisen die Autoren aber selbst darauf hin, „dass Lernformen in der Praxis selten in Reinform vorliegen“ (S. 124).
    Vielleicht bietet sich an anderer Stelle einmal die Gelegenheit, Themen wie „Performance Support“ oder Stichworte wie „selbstorganisiert“ und „selbstgesteuert“ aufzunehmen. Im Buch fand ich es angenehm, auf solche Details und Diskussionen zu verzichten.
  • Es fällt auf, dass der Digitalisierung unserer Arbeits- und Lernwelten im Buch keine herausragende Rolle zufällt. Stattdessen wird relativ neutral versucht, das Spielfeld arbeitsbezogenen Lernens abzustecken. Nun darf man vermuten, dass das Buch parallel zum aktuellen Hype um Künstliche Intelligenz bzw. ChatGPT geschrieben wurde. Während wir also Anfang 2024 über die KI als „Game Changer“ in Bildung und Lernen lesen dürfen, konstatiert das Buch: „Lernen in Unternehmen verändert sich hin zu einem Mix aus digitalen und analogen Lernangeboten, die oft nach individuellen Bedürfnissen genutzt werden können.“ (S. 156) Das ist angenehm nüchtern. Oder mutig!?
  • Natürlich hat das Buch auch Leerstellen. Hier also einige Themen, die ich bei der Lektüre vermisst habe oder die ich mir ausführlicher hätte vorstellen können. Auf fehlende technologische Entwicklungen wie die „Künstliche Intelligenz“ habe ich schon hingewiesen. Weitere Leerstellen bilden zum Beispiel „Future Skills“, „Lernende Organisationen“ und „Wissensmanagement“. Vielleicht hätte ein weiteres einleitendes Kapitel diese Stichworte und Diskussionen kurz aufnehmen können …Auch die Frage „Wie ist das Lernen in Unternehmen organisiert?“ (und die entsprechenden Antworten) habe ich vermisst. Das beginnt bei den Verantwortlichkeiten, Kompetenzen und Aufgaben entsprechender Bildungsbereiche. Dann die Organisation der Bildungsprozesse selbst. Und schließlich die Ressourcen, die es zur Umsetzung vieler (formaler) Lernangebote braucht. So fällt das Stichwort „Learning Management System“ kein einziges Mal.
  • Wenn man das Lernen in Unternehmen beschreibt, sich am Personalentwicklungszyklus orientiert und Methoden zur Förderung des Lernens vorstellt, steht natürlich immer die organisationale Perspektive im Vordergrund. Vielleicht wäre es, auch um die Bedeutung des selbstregulierten Lernens zu unterstreichen, interessant gewesen, zumindest die Fallbeispiele um die Perspektive der Mitarbeitenden zu ergänzen: zum Beispiel durch einzelne Interviews oder eine Gruppendiskussion mit Lernenden.

Das alles ändert aber nichts an meiner Kauf- bzw. Leseempfehlung!

Timo Kortsch, Julian Decius, Hilko Paulsen (2024): Lernen in Unternehmen. Formal, informell, selbstreguliert. Praxis der Personalpsychologie, Band 43, Hogrefe Verlag: Göttingen

Kategorien: Lehren und Lernen

Die Risiken im digitalen Skill Management

2. April 2024 - 16:49

Ich muss zugeben, dass ich den ersten Teil dieses Artikels sehr schnell gelesen habe. Hier werden, Absatz für Absatz, Namen, Studien und Definitionen von Future Skills vorgestellt. Im letzten Teil, überschrieben mit „Die Tücken beim Skill Management“, finden sich interessante Hinweise darauf, dass Theorie und Praxis an vielen Stellen noch auseinanderfallen: es mangelt, so wird berichtet, zum Beispiel an Unternehmen, die bereits systematisch Skill Management betreiben; die Skill Management-Systeme selbst haben noch Schwächen; Kompetenzprofile der Mitarbeitenden sind nicht aktuell; wichtige Persönlichkeitsmerkmale bleiben oft unberücksichtigt.

„Immer mehr Skills, immer mehr Prognosen, immer mehr Softwareangebote: Das Skill Management dominiert die Debatten. Dabei bleiben aber einige Fakten und Risiken unbeleuchtet – angefangen bei ungenauen Begrifflichkeiten bis hin zu überschätzten Future Skills.“
Gudrun Porath, Haufe.de, 26. März 2024

Bildquelle: Guille Álvarez (Unsplash)

Kategorien: Lehren und Lernen

Ep. 50 – AI, Work and Hyperpersonalized Education with Sebastian Thrun

2. April 2024 - 10:41

Wer erinnert sich noch an Sebastian Thrun? Er war derjenige, der 2011 an der Stanford University unterrichtete, einen Kurs über Künstliche Intelligenz online anbot und dann vor 160.000 Anmeldungen stand. Damit kam die MOOC-Welle ins Rollen, und Sebastian Thrun gründete einige Monate später die Kursplattform Udacity. Dann begann die Suche nach einem tragfähigen Geschäftsmodell für MOOCs. In diesem Podcast (24:04 Min.) darf er zur Zukunft der Bildung (und das meint natürlich vor allem KI) Rede und Antwort stehen. Auch er verspricht sich, der Titel deutet es an, eine „hyperpersonalized education“. Sein Technik-Optimismus scheint jedenfalls ungebrochen.
José Escamilla, Gespräch mit Sebastian Thrun, Observatory of the Institute for the Future of Education/ EduTrends, 18. März 2024

Kategorien: Lehren und Lernen

Vorbereitung für den CLC Promptathon

28. März 2024 - 17:05

Was ist ein „Promptathon“? Ganz kurz: Es gibt Aufgaben bzw. Challenges. Diese sollen mit Hilfe von KI bzw. Prompts (Eingaben) und ChatGPT gelöst werden. Zusammen in Teams und in einem vorgegebenen zeitlichen Rahmen. Ansonsten empfehle ich, diesen Bericht vom Promptathon der Deutschen Telekom zu  lesen. Da steht alles Wissenswerte drin („Wie ich unseren Promptathon erlebte“). Soweit informiert spricht eigentlich nichts dagegen, selbst an einem Promptathon teilzunehmen. Die nächste Gelegenheit bietet der CLC Promptathon am 24. April bei der SAP in Walldorf. Thomas Jenewein hat extra zum Aufwärmen ein paar Materialien zum Thema „Prompting“ gesammelt und verlinkt.
Thomas Jenewein, Corporate Learning Community/ Blog, 19. März 2024

Bildquelle: Thomas Jenewein

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A personal history: 15. How technology changed distance education in the mid 1990s

27. März 2024 - 14:48

Mit dieser Folge 15 ist Tony Bates also in den 1990er Jahren angekommen. Zeiten des Umbruchs, die hier aus der persönlichen Sicht eines Teamleiters im Bereich „Distance Education and Technology (DET)“ an der University of British Columbia in Kanada beschrieben werden. Der Umbruch war dort und damals der Übergang von Papier zum Web, also die Einführung von Online-Kursen und eines Learning Management Systems.

„The early to mid 1990s was probably the most innovative time with respect to technologies that enabled online distance education. This resulted from the digital convergence of a number of previously separate technologies, enabled primarily by desk-top computing, developments on the Internet (particularly the World Wide Web), and technical standardisation. The effect not just on distance education but education in general was transformative.“
Tony Bates, Online Learning and Distance Education Resources, 24. März 2024

Bildquelle: Heidelberger Druckmaschinen (Wikipedia, CC BY-SA 2.5)

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Überblick: Beiträge im HFD zu ChatGPT in Studium und Lehre

26. März 2024 - 16:36

Das Hochschulforum Digitalisierung versammelt inzwischen eine Reihe von Beiträgen zum Thema „Künstliche Intelligenz“. Aus der ursprünglichen Linksammlung ist deshalb ein Dossier geworden, das mehr Struktur und einen besseren Überblick geben will. Anker der laufenden Diskussion, so heißt es einleitend, bilden vor allem die Fragen nach der Zukunft von Prüfungsleistungen und nach Spielregeln im Umgang mit der KI (unter „Must-Reads“ aufgeführt). Die weiteren Zwischenüberschriften des Dossiers lauten „Zur Einführung: ChatGPT in Studium und Lehre“, „Generative KI in der Anwendung“ und „Die studentische Perspektive“.
Lisa Hoffmann, Hochschulforum Digitalisierung/ Blog, 20. März 2024

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Brauchen wir eine KI-Revolution in der Bildung?

25. März 2024 - 14:04

Nele Hirsch möchte in der laufenden KI-Debatte einen „kritisch-konstruktiven Blick“ verankern. Dabei geht es ihr um Antworten auf grundlegende Fragen: „Wohin soll es gehen? Was kann unsere Rolle (= als grundsätzlich digital-aufgeschlossene Pädagog*innen) sein? Und was können wir tun?“ Im Beitrag liefert sie erste Überlegungen.

„Je schneller wir KI fest in unserer Bildungssystem implementieren, desto weniger kann sich eine Wirkung als Lernkultur-Veränderungsimpuls entfalten. Genau das war aber in der bisherigen Digitalisierungs-Debatte ein wichtiges und wie ich finde auch sehr berechtigtes Anliegen. Demnach ging und geht es eben nicht vorrangig darum, mit digitalen Werkzeugen zu lehren und zu lernen, sondern gute Bildung in einer zunehmend digital-geprägten Gesellschaft zu gestalten. Auf KI übertragen bedeutet das: Wir sollten weniger den Blick darauf legen, wie wir mit KI lehren und lernen können, sondern mehr, wie gute Bildung in einer zunehmend digital-geprägten Gesellschaft gestaltet sein muss.“
Nele Hirsch, eBildungslabor, 19. März 2024

Bildquelle: Nele Hirsch (eBildungslabor)

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The $340 Billion Corporate Learning Industry Is Poised For Disruption

22. März 2024 - 8:46

Josh Bersin hat wieder ganz tief Luft geholt. Zuerst fasst er 30 Jahre Corporate Learning zusammen („From E-Learning to We-Learning to Autonomous Learning“). Dann kommt er auf die jüngsten AI-getriebenen Entwicklungen und Möglichkeiten zu sprechen („Why AI Changes Everything“). Und schließt versucht er aufzuzeigen, wie diese Entwicklungen den Corporate Learning-Markt verändern werden („What Vendors Are Doing“).

Dabei ist er auf der einen Seite Analyst mit einem profunden Wissen. Und auf der anderen Seite selbst Anbieter. Beides geht im Beitrag fließend ineinander über. Wenn er auf Corporate Learning blickt, dann immer mit der System- und Plattform-Brille. Aus dieser Sicht sind „autonomous learning platforms“ die (logische) Zukunft. Und gleichzeitig reduziert er damit Weiterbildung und Lernen auf ein einziges Spielfeld (mit Schnittstellen nach Außen).

„Think about your company. How much content, expertise, and legacy training are you sitting on? AI can “unleash” this to your workforce and make it available like never before. It’s a bold new world ahead, with lots of exciting changes to come.“
Josh Bersin, Blog, 20. März 2024

Bildquelle: Josh Bersin

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